Zum Inhalt springen

unterstützt von

Das pädagogische Personal an Schulen, aber auch viele Schüler*innen sind verunsichert. An Demonstrationen für Demokratie und gegen autoritäres Denken teilnehmen und darüber zu sprechen, sich gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu engagieren – verstößt das gegen ein allgemeines politisches Neutralitätsgebot?

Die Antwort ist klar: Die Schule ist kein politisch neutraler Ort! Sie ist den demokratischen Prinzipien und Werten, wie etwa dem Schutz der Würde des Menschen und dem Schutz vor Diskriminierung, verpflichtet.

Autoritäres, menschen- und demokratiefeindliches Denken und Handeln nehmen zu. Diese Entwicklung macht auch vor der Schule nicht halt. Vermehrt erfahren wir von Fällen, in denen Schulen menschenverachtenden und antidemokratischen Äußerungen und Aktivitäten ausgesetzt sind. Pädagogisches Personal, Schüler*innen und Eltern, die sich in den Schulen für einen demokratischen Diskurs, eine demokratische Schulkultur und ein wertschätzendes Miteinander einsetzen, fühlen sich häufig schlecht oder unzureichend unterstützt, teilweise werden sie gar mit Verweis auf ein vermeintliches Neutralitätsgebot oder mit Verweis auf das Mäßigungsgebot daran gehindert.

Diese Situation ist untragbar. Schule ist ein Ort demokratischer Auseinandersetzung – gerade in Zeiten, in denen Anfeindungen und Angriffe gegen Vertreter*innen und Institutionen der Demokratie zunehmen. Sie ist gefordert, Grund- und Menschenrechte sowie demokratische Auseinandersetzung erfahrbar zu machen.

Politische Bildung als Schul- und Unterrichtsprinzip sowie als Schulfach selbst ist notwendig für die Stärkung der Demokratie und die Sicherung sowie Erweiterung demokratischer Verfahren heute und in der Zukunft. Dabei gehört es zur Professionalität aller Lehrkräfte die Schule zum Ort einer Bildung in, für und durch Demokratie und Menschenrechte zu gestalten. Die Umsetzung zu fördern, ist Aufgabe aller Schulleitungen und der zuständigen Behörden und ein Zuwiderhandeln ist zu ahnden.

Der demokratische Bildungsauftrag, der in den meisten Bundesländern Verfassungsrang hat, fordert dazu auf sich für die Grundwerte unserer Gesellschaft einzusetzen. Ein allgemeines politisches Neutralitätsgebot lässt sich weder aus dem Bildungsauftrag der Landesverfassungen, noch den Schulgesetzen oder dem Beamtenrecht begründen.

Auch aus den Geboten zur parteipolitischen Neutralität oder zur politischen Mäßigung von Beamt*innen ist nicht abzuleiten, dass sich Lehrkräfte zu menschen- oder demokratiefeindlichen Äußerungen neutral verhalten müssen. Dies gilt auch für Aussagen von Politiker*innen!

Neutralität der Bürger*innen als Bildungsziel taugt für autoritäre und totalitäre Staaten, aber nicht für die Demokratie!

Auch die Rechtsprechung ist eindeutig: „Von einer Lehrkraft, die sich zur Erfüllung ihres pädagogischen Auftrags in gewissem Maße auch mit ihrer Persönlichkeit einbringen muss, wird eine vollständige politische Enthaltsamkeit im Unterricht nicht verlangt!“[1]

Wenn aber demokratische Prinzipien und Grundwerte wie der Minderheitenschutz in Frage gestellt werden oder gar demokratiegefährdende Verschwörungsnarrative verbreitet werden, muss diesen Äußerungen konsequent entgegengetreten werden.

Wir fordern daher von den Kultusminister*innen der Länder sowie den zuständigen Schulbehörden:

Immer wieder werden uns Fälle bekannt von Lehrkräften, die sich öffentlichen rassistisch oder demokratiegefährdend äußern und dabei u.a. völkisch-nationalistische Verschwörungsnarrative verbreiten. Es ist eine kleine Minderheit, aber Schulleitungen und Behörden dürfen nicht wegschauen. Schüler*innen, insbesondere Kinder und Jugendliche mit Migrationsbiografien, können sich nicht sicher sein, ob sie im Unterricht von einer Lehrkraft fair behandelt wird, die derartige Parolen verbreiten. Sie brauchen sichere Anlaufstellen und Unterstützung durch Lehrkräfte, die Schulleitung und Schulbehörden.

Aber auch bei demokratiegefährdendem Verhalten von Schüler*innen darf nicht weggeschaut werden. Pädagogische Angebote müssen ausgebaut werden und Unterstützung auch von außerschulischen Partner*innen in Anspruch genommen werden.

Demokratie braucht Politische Bildung, keine Neutralität!

Haben Sie Fragen, Anregungen, Rückmeldungen? Vertreten Sie eine Organisation im Bildungsbereich und teilen Sie unsere Position? Folgende DVPB-Bundesvorstandsmitglieder geben Ihnen gerne Auskunft. Wir freuen uns von Ihnen zu lesen:
Dr. Gudrun Heinrich: gudrun.heinrich@uni-rostock.de, Tel.: +49 381 / 498-4452
TT-Prof. Dr. Steve Kenner: steve.kenner@ph-weingarten.de, Tel.: +49 751 / 501-8844

Zum Schluss: Auf unserer Homepage werden wir zeitnah auch ganz viel Material zu diesem Thema sammeln und wir werden hier Ansprechpersonen im Verband und bei den Behörden sammeln, an die Sie sich wenden können, wenn Sie Unterstützung benötigen.


[1] vgl. VG Berlin, 24.03.2023 – 3 L24.23; VG Freiburg, Urteil vom 13.05.2022 – DL 11 K 2735/21 mit Bezug auf VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.05.1984 – DH 18/83